Ein Traum, den Sie allein träumen ist nur ein Traum,
John Lennon
ein Traum, den Sie gemeinsam träumen ist Realität.
Entwicklung unserer Visionen
Im Juli 2021 haben wir im Rahmen eines zweitägigen Workshops die im Folgenden beschriebenen Visionen mit der Methode des Dragon Dreamings entwickelt. Dragon Dreaming nach John Croft ist aus systemischen Ansätzen entstanden und wurde durch die australischen Aborigines inspiriert. Der Gruppenprozess umfasst vier Schritte:
- Das gemeinschaftliche Träumen in Traumkreisen
- Das Planen
- Das Handeln
- Das Feiern
Aus anfänglich diffusen, individuellen Projektvisionen werden gemeinsame Projektvorstellungen, die Schritt für Schritt die Gestalt eines realisierbaren Projektes mit konkreten Handlungsschritten annehmen.
Wir haben die Arbeit in den Traumkreisen sehr genossen. Es kristallisierten sich im weiteren Verlauf unserer Arbeit unterschiedliche, uns sehr wichtige Projektthemen heraus, die nun alle in dieses Dokument mit einfließen. In der Darstellung unserer Themen war es uns wichtig, den Charakter des Träumens durch visionäre Beschreibungen zu erhalten und gleichzeitig ganz konkrete Schritte zu definieren, die dazu beitragen, unseren Traum zu verwirklichen.
Für uns als Gruppe ist durch das gemeinsame Träumen ein Gefühl der Verbundenheit entstanden. Die Ergebnisse des Workshops werden hier dokumentiert. Sie sollen uns Orientierung geben und als haltgebender Rahmen für unser gemeinsames Schaffen und Wohnen dienen.
Beschlossen im Konsent am 03.01.2022.
1. Unser Haus
Wir wollen uns in unserem Haus wohlfühlen: Es soll mit ökologischen Baustoffen gebaut werden und energieeffizient sein. Wir wollen den Flächenverbrauch begrenzen, indem wir unseren persönlichen Wohnraum zugunsten größerer Gemeinschaftsflächen beschränken und somit Platz schaffen, um Ressourcen zu teilen. Damit wir effektiv Räume und Flächen nutzen können, wollen wir sie flexibel gestalten.
Zur Zeit wünschen wir uns folgende Flächen und Räume:
- Dachterrasse
- Yogaraum
- offener Gemeinschaftsbereich
- Profigemeinschaftsküche
- Büro
- Seminarraum
- Proberaum
- Gästewohnung
- Spielfläche
- Werkstatt
- Sauna
- gemeinsame Bibliothek
2. Nachhaltigkeit
Wir bauen, wohnen und leben ressourcenschonend und möglichst klimaneutral. Dieses Anliegen soll auch in unser Umfeld abstrahlen und Vorbildwirkung haben. Durch stetige Lernbereitschaft und beständigen Austausch untereinander erweitern wir immer mehr unsere Möglichkeiten zur Ressourcenreduktion.
Zur Zeit bedeutet das:
- Wir lassen unser Haus so bauen, dass es möglichst wenig Energie verbraucht und wenig CO 2 produziert, z.B. als Passiv- oder Niedrigenergiehaus mit Fassadenbepflanzungen.
- Wir setzen eine regenerative Wasser- und Stromversorgung um durch z.B. Photovoltaik und Regenwasserzisternen.
- Wir reduzieren den Bedarf an Infrastruktur z.B. für Energie- & Wasserversorgung und Parkräume durch gemeinsame Konzepte mit unserem Umfeld.
- Wir vermeiden Müll, wo immer es geht und verwenden Dinge möglichst wieder.
- Wir setzen ein nachhaltiges Mobilitätskonzept um durch z.B. Carsharing oder Lastenfahrräder.
- Wir versorgen uns zum Teil mit selbstangebautem Obst und Gemüse und weiteren Nahrungsmitteln, z.B. durch Pacht zusätzlicher Garten- oder Ackerflächen oder Geflügelhaltung.
- Wir sind immer bereit unsere Ideen, Konzepte und Projekte nicht nur auf die Wunschnachbarn zu beschränken, sondern gemeinsam mit dem Umfeld umzusetzen.
- Wir werden uns stetig zum Thema Klima, Ökologie & Nachhaltigkeit intern wie extern informieren, austauschen und weiterbilden.
- Wir lassen das Umfeld teilhaben an unserer Form des nachhaltigen Wohnens und der ressourcenschonenden Lebensgestaltung durch z.B. Veranstaltungen wie Flohmärkte, Repair-Cafés, Führungen und Schulungen.
3. Innere Struktur
Wir arbeiten als Gemeinschaft möglichst effektiv und wertschätzend zusammen. Dazu haben wir uns für alle Mitglieder der Wunschnachbarn eine passende Arbeitsstruktur in Anlehnung an die Soziokratie gegeben. Die projektbezogenen Prozesse beispielsweise Konzeption, Gründung, Planung und Bauphase laufen somit in einem klaren Rahmen ab. Darüber hinaus stellt diese Struktur auch eine Grundlage für die Organisation unseres gemeinsamen Wohnens dar. Sie unterstützt uns in der Gestaltung unserer gegenseitigen Verbindlichkeit und reduziert zudem den Ressourcenbedarf z.B. an externen Dienstleistungen.
Konkret bedeutet das:
- Wir arbeiten in Anlehnung an die soziokratischen Prinzipien zusammen:
- Wir treffen Entscheidungen grundsätzlich im Konsent.
- Wir verteilen Aufgaben und Funktionen durch offene Diskussion und per Konsententscheidung an die einzelnen Gruppenmitglieder.
- Wir organisieren uns in Form von Kreisstrukturen, z.B. Arbeitskreise, Plenum, Koordinierungskreis.
- Zwischen den Arbeitskreisen ist eine enge Abstimmung und Kooperation durch die Steuerung seitens des Koordinierungskreises und durch den Austausch im Gesamtplenum gesichert.
- Wir erbringen entsprechend unserer gemeinschaftlichen Festlegungen alle verpflichtend einen regelmäßigen Beitrag für die Gemeinschaft, jeweils nach unseren individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten.
- Wir organisieren die Verwaltung, die Pflege und den Erhalt unseres Gebäudes eigenständig und erbringen hierfür verbindliche Leistungen und bringen uns regelmäßig bei arbeitsbezogenen Aktionstagen ein.
- Wir streben rechtlich die Struktur einer Genossenschaft in Form einer Mietergenossenschaft an, die jedem Mitglied auch formal eine gleichberechtigte Stimme einräumt.
- Wir reflektieren unsere Strukturen immer wieder und passen sie bei Bedarf an unsere aktuelle Situation an.
4. Kommunikationskultur
Zur Verwirklichung unseres Gemeinschaftsprojektes und für sein Fortbestehen bedarf es des stetigen, lebendigen Austausches vor allem im wertschätzenden Gespräch. Deshalb gibt sich die Gemeinschaft Regeln, die unser Gespräch, unsere Auseinandersetzungen und Meinungsbildungsprozesse möglichst lebendig, kreativ, wertschätzend und konstruktiv machen.
Die konkreten Grundregeln unserer Kommunikation lauten:
- Ich versuche direkt zu kommunizieren, klar und ehrlich durch offenes Zuhören und aufrichtiges Antworten.
- Ich spreche von mir und meiner momentanen Erfahrung.
- Bei Konflikten rede ich mit den Menschen direkt.
- Ich bin bereit, andere um Unterstützung und Klärung zu bitten.
- Über andere Menschen spreche ich so, wie ich mit ihnen auch direkt spreche.
Hintergrund:
Grundlage einer wertschätzenden Kommunikation ist die Anerkennung der Tatsache, dass jeder Mensch eine individuelle und somit begrenzte Realität und Erfahrungsgeschichte in sich trägt.
Im Kontakt mit anderen Menschen sehe ich die Möglichkeit, meine individuell begrenzten Sichtweisen und Erfahrungshorizonte zu erweitern. Durch diese Begegnung kann eine neue, erweiterte und gemeinschaftlich geteilte Realität entstehen.
5. Gemeinschaftsbildung
Wir haben das Ziel, unser Zusammenleben in gemeinschaftlicher Verbundenheit zu gestalten. Wir sind uns bewusst, dass dies eine Herausforderung darstellt und arbeiten fortlaufend miteinander an gruppenbezogenen Entwicklungsschritten.
Zum einen entstehen Gruppenentwicklungsprozesse automatisch durch alltägliche Gemeinschaftsaktivitäten und durch die kontinuierliche Arbeit an der gemeinsamen Projektorganisation. Zum anderen schenken wir dem Aufbau, dem Erhalt und der Weiterentwicklung der Gemeinschaft explizit Aufmerksamkeit. Dies ist wichtig, weil eine gute Gruppendynamik der Grundstein für das langfristige, zufriedene, gemeinschaftliche Leben darstellt.
Da das Leben in Gemeinschaft viele emotionale Punkte berührt, ist es normal, dass an verschiedensten Stellen Konflikte auftauchen. Deshalb arbeiten wir daran, uns zu verständigen, uns auseinanderzusetzen, um immer wieder erneut in ein vertrauensvolles Miteinander zu gelangen. Es ist unser Wunsch, im Rahmen unseres Projektes eine Balance zwischen individuellen Bedürfnissen unserer Mitglieder und unserer notwendigen Gruppenanliegen herzustellen.
Konkret bedeutet das:
- Wir erweitern laufend folgende Kompetenzen der Gruppe: gruppenbezogene Konfliktfähigkeit, direkte und offene Kommunikation.
- Wir gehen in einen regelmäßigen Austausch miteinander und nehmen auch in kontinuierlichen Abständen externe Maßnahmen zur Gruppenentwicklung und Projektbegleitung in Anspruch. Das heißt beispielsweise, dass wir bei Bedarf als Gruppe an externer Supervision, Moderation oder an extern geleiteten Seminaren rund um das Thema Gemeinschaftsbildung und Konfliktlösung teilnehmen. Dies wird per soziokratischer Konsententscheidung festgelegt.
6. Gemeinschaftsaktivitäten
Gelebte Gemeinschaft bedeutet für die Wunschnachbarn eine aktive
Bereitschaft vielfältige gemeinsame Aktivitäten umzusetzen. Dies erfolgt immer entsprechend der individuellen Interessen und Möglichkeiten und soll nicht verpflichtend sein. Je nach Aktion können dabei die Nachbarschaft und andere Interessierte involviert sein.
7. Ich in der Gemeinschaft
Die Gemeinschaft der Wunschnachbarn achtet das individuelle Bedürfnis nach eigenem Raum und persönlichem Rückzug eines jeden einzelnen Mitglieds.
Jedes Gemeinschaftsmitglied übernimmt die Aufgabe, sein Bedürfnis nach Rückzug einerseits und die Verantwortlichkeit für ein verbindliches Einbringen in die Gemeinschaft andererseits in eine gute Balance zu bringen.
8. Soziale Verantwortung / Werthaltung
Unsere Werte:
Für uns als Gruppe der Wunschnachbarn spielen Solidarität und die Übernahme sozialer Verantwortung eine wichtige Rolle. Wir handeln sowohl gruppenintern als auch in größerem gesellschaftspolitischen Rahmen nach diesen Prinzipien und betrachten die vielfältigen globalen Zusammenhänge differenziert.
Vor diesem Hintergrund richtet sich unser Handeln entsprechend der weltweit begrenzten Ressourcen und im Sinne der globalen Gerechtigkeit aus.
Wir wenden uns entschieden gegen diskriminierende Strukturen und Ideologien.
Wir sind für eine vielfältige und demokratische Gesellschaft.
Soziale Verantwortung heißt für uns, dass wir dazu beitragen, dass alle Menschen menschenwürdig leben und Wertschätzung erfahren, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft, Alter, Religion oder Weltanschauung, sexueller Identität, materieller Situation, körperlicher oder seelischer Beschaffenheit.
Das bedeutet auch, dass wir unser eigenes Verhalten hinsichtlich diskriminierender Strukturen reflektieren.
Konkret bedeutet das:
- Wir schaffen eine lebensbejahende Umgebung, die sich durch Kinderfreundlichkeit auszeichnet.
- In unserem Wohnprojekt können Menschen unterschiedlicher Alters- und unterschiedlicher Einkommensgruppen leben. Wir streben an, Wohnungen für WBS-Berechtigte bereitzustellen.
- Wir regen uns gegenseitig an, Engagement für soziale Projekte zu entwickeln und uns je nach individuellen Interessen und Möglichkeiten in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen für eine progressive, lebenswerte, lebendige, demokratische und gerechte Gesellschaft zu engagieren.
- Vor dem Hintergrund menschenverursachter Biodiversitätsverluste und Klimaveränderung handeln wir in unserem Alltag möglichst sozial und ökologisch sinnvoll.
- Wir möchten einen Solidarfond einrichten.